Weniger Social Media, mehr Mensch

Seit ein paar Wochen schon mache ich mir Gedanken wie ich der Flut an Informationen in sozialen Netzen entfliehen kann. Wobei Informationen hier vielleicht nicht das korrekte Wort ist, denn der größte Teil was auf Twitter & Co. geteilt und veröffentlicht wird, ist Content nach dem ich überhaupt nicht suche und der auch nicht wirklich informiert.

Das Lexikon sagt:

HERKUNFT lateinisch informatio = Bildung, Belehrung, zu: informare,

[auf Anfrage erteilte] über alles Wissenswerte in Kenntnis setzende, offizielle, detaillierte Mitteilung über jemanden, etwas

Informationen über das/zum Thema einholen, liefern | nähere Informationen erhalten Sie bei uns | unsere Aufgabe ist es, sachliche, objektive Informationen zu geben

Jetzt kann man natürlich argumentieren, dass ich auf Twitter eben den falschen Profilen folge. Das ist aber so nicht ganz richtig, denn ich denke sehr wohl das ich dort den korrekten Leuten folge um mich mit Themen wie Sport, dem Laufen, neue Webtechniken usw. zu beschäftigen.

Auf LinkedIn folge ich wenigen mir wichtigen Personen bei denen ich der Meinung bin ein Netzwerk zu bilden was mich über meine Arbeit informiert und weiterbringt. Bei Instagram1 verhält es sich ähnlich wie mit Twitter, wenige User bei denen ich die Fotos auch nicht nur mal durchscrolle sondern diese auch gern etwas länger betrachte.

Leider ist das mit den Netzwerken aber meist sehr enttäuschend, denn meine Erwartungen werden oft nicht erfüllt oder aber geraten in den Hintergrund. Das liegt daran das alle Sozialen Netzwerke heute tolle Algorithmen etwickelt haben, die mir bessere und noch aktuellere Informationen zur Verfügung stellen sollen, die ich auf keinen Fall verpassen darf. In Wirklichkeit aber, versucht jedes dieser Netzwerke so gut wie möglich Content zu pushen mit dem es denkt damit könnte der User gut interagieren, also liken/faven, öffnen, kommentieren, weiter verteilen und ganz zufällig wird das immer mit Werbung untermalt, bei denen diese Firmen glauben das dies noch tolerierbar ist.

Denn wenn wir ehrlich sind, dann wollen diese Netzwerke mich nicht mit besseren, passenderen auf mich zugeschnittenen Informationen versorgen, sondern wollen verkaufen, schließlich sind das alles große Unternehmen die, getrieben durch ihre Aktionäre, versuchen auch noch den letzten Cent aus den Usern zu quetschen.

Es bringt mich persönlich nicht weiter und ich möchte einfach nicht, von diesen Algorithmen präsentierte Beiträge & Artikel sehen die absichltich polarisieren sollen um mich zu einer Interaktion zu bewegen. Ich möchte Beiträge sehen für die ich mich wirklich interessieren, die mich zum Nachdenken anregen, bei denen ich etwas lernen kann.

Deshalb auch die Überschrift – mehr Mensch – denn kein Algorithmus und erst recht keiner der Geld einbringen muss damit ein Unternehmen an der Börse von den Aktionären gefeiert wird, kann das zusammentragen. Das geht nur durch mich selbst, und eben nicht in diesen Netzwerken.

Daher werde ich ein kleines Experiment wagen und habe dafür wieder meine guten alten, schon wirklich in Vergessenheit geratenen RSS-Feed Reader ausgegraben. Über diesen Weg kann ich nämlich weiterhin Menschen folgen an deren Beiträgen & Gedanken ich interessiert bin.

Der Gedanke dahinter ist nämlich, dass ich auf diesem Weg mehr Content sehe der mich wirklich interessiert und der erstklassig ist – Klasse statt Masse – und nicht zwischen irgendwelchen Werbeanzeigen und Algorithmen verblasst. Außerdem erhoffe ich mir durch das Folgen von Blogs, dass damit das emotionale Gejammere und Gemeckere was aus der vermeintlichen Anonymität dieser Netzwerke hervorgeht, zu umgehen. Meiner Erfahrung nach schreiben Blogger viel meist sachlicher und sehr viele stecken viel Arbeit in ihre Beiträge, dass sollte dazu führen das oben angesprochene zu sieben.

Ich werde also in den nächsten Tagen meine RSS Feeds wieder auf Vordermann bringen und die Blogs aufnehmen von denen ich der Meinung bin, dass sie mich informieren. Auch werde ich hier wieder im Blog mehr schreiben und auch ganz nach dem Indieweb-Gedanken das nach dem POSSE (Publish on your Own Site, Syndicate Elsewhere) Prinzip veröffentlichen. Damit die Beiträge die ich hier niederschreibe nicht nur auf diesem Blog sichtbar “gefangen” sind und auch außerhalb sichtbar werden.

Wenn ich hier, wie geplant, Antworten auf Beiträge von anderen Blogs schreibe, dann wird im besten Fall, wenn der Autor des Blogs Webmention implementiert hat, dieser auch informiert und es entsteht ebenfalls eine Diskussion, nur eben zwischen den Blog-Autoren direkt, auf diesen Blogs!

Ein weiterer Schritt, das Microblogging ist schon voll im Gange mit Micro.blog, dort folge ich bereits Users die ihre Beiträge da veröffentlichen und auch kommentieren. Im Moment noch in der Beta-Phase, aber es macht Spaß diesem “Blogging-Netzwerk” beim Entstehen zu zusehen.

Möglicherweise erzeugt diese ganze Aktion ein klein wenig Aufmerksamkeit. Möglicherweise kann ich damit auch andere User dazu bewegen ihr Internet wieder selbst zu kuratieren durch einen Menschen, sich selbst. Und Möglicherweise, hilft uns das am Ende Allen!


  1. In den letzten Wochen ist das sogar extrem bei Instagram, bei Twitter behelfe ich mir mit einem anständigen 3rd Party-Client (Twitteriffic) der keine Werbung, Moments und sonstigen automatisch zusammengestellen Content anzeigt. ↩︎